Annengarten Seniorenwohnanlage Buldern GmbH

Azubis aus dem nicht-europäischen Ausland: Großer Aufwand, aber auch großer Gewinn 

407,00 €

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Sich um Menschen zu kümmern: Diese Aufgabe umfasst in der Annengarten Seniorenwohnanlage in Dülmen-Buldern seit Mitte 2021 nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch die Azubis. Denn aufgrund des Fachkräftemangels, der die Pflegebranche besonders stark trifft, hat sich Geschäftsführer und Einrichtungsleiter Rafael Borgmann gemeinsam mit seinem Team entschlossen, weltweit nach Azubis zu suchen. „Wir haben damit Erfolg. Aber: Um einen Azubi aus dem nicht-europäischen Ausland einzustellen, ist auch eine große zeitliche und eine gewisse finanzielle Investition notwendig. Das sollte man nicht vergessen“, sagt Borgmann.

 

Kontakte über die Jobbörse der Agentur für Arbeit

 

Der Annengarten hat bereits einen russischen sowie einen chinesischen Azubi für die Ausbildung zum Pflegefachmann gewinnen können. Der Kontakt kam jeweils über die Jobbörse der Agentur für Arbeit zustande. Hier wurden die Ausbildungsplatzangebote veröffentlicht – zum ersten Mal Ende 2020. Insgesamt 15 Bewerbungen aus Drittstaaten gingen damals ein. „Darunter waren ein 24-jähriger Russe, eine 23-jährige Kamerunerin und ein 30-jähriger Chinese, die bereits gut deutsch sprechen konnten“, erzählt Rafael Borgmann. Beim Bewerbungsgespräch per Skype merkten beide Seiten schnell, dass es passt. „Jetzt gab es nur noch eine lange Liste an Formalitäten zu regeln“, sagt Borgmann und lacht. Zunächst war die Zustimmung des Fachseminars als Träger der theoretischen Ausbildung nötig. Da die Azubis bereits Deutsch auf B2-Niveau sprechen, genügt ein fachspezifischer Deutschkurs, der ausbildungsbegleitend zusätzlich im Pflege-Fachseminar angeboten wird.

 

Voraussetzungen für den Start einer Ausbildung in Deutschland

 

Um die Einreise von Azubis aus Drittstaaten nach Deutschland überhaupt zu ermöglichen, sind folgende Schritte notwendig:

  • Die Agentur für Arbeit muss eine Vorabzustimmung für die Ausbildung erteilen. Voraussetzung dafür ist, dass ein Ausbildungsplatzangebot in Deutschland vorliegt, die Finanzierung des Lebensunterhalts sichergestellt ist (was durch die Ausbildungsvergütung von rund 1200 Euro erfüllt ist) und Deutschkenntnisse auf mindestens B1-Niveau vorliegen.
  •  Das Unternehmen muss eine Visumsanfrage an die deutsche Botschaft stellen, der Azubi in seinem Heimatland ein Visum beantragen
  • Einreise nach Deutschland mit Einreisevisum
  • Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung in Deutschland bei der Ausländerbehörde betragen    
  • Finale Erteilung der Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde

„Dazu kommen – je nach Heimatland des Azubis – oftmals noch Besonderheiten, die zusätzlich Zeit und Geld kosten und einkalkuliert werden sollten“, erklärt Borgmann. „In Kamerun war beispielsweise die Zusendung des Ausbildungsvertrags per Einschreiben eine unerwartete Hürde. In dem Heimatort unseres Azubis gibt es statt einer Adresse nur eine Telefon-Nummer. Dort ist es üblich, dass der Postbote diese Nummer anwählen muss, um die genaue Anschrift zu erhalten.“ Allein dieser Schritt dauerte fast sechs Wochen. Letztlich scheiterte der Ausbildungsversuch mit der Bewerberin aus Kamerun an diversen weiteren Problemen. Bei den Bewerbern aus Russland und China vergingen insgesamt von der Einstellungsentscheidung bis zur Einreise und Bewilligung rund 16 Wochen.

 

Kümmerer für Formalitäten, Wohnungssuche und Integration ist wichtig

 

„Wer Azubis aus dem Ausland einstellen möchte, sollte bestenfalls einen Kümmerer für sie haben – nicht nur wegen der Formalitäten, sondern auch, um sie beim Einleben in ihrer neuen Heimat zu unterstützen“, sagt Borgmann. Der russische Azubi hatte bereits eine familiäre Anbindung im Ruhrgebiet und erhielt darüber viel Unterstützung, unter anderem bei der Wohnungssuche. Leider wechselte der junge Mann nach einem dreiviertel Jahr in eine andere Branche.

 

Anders ist es beim chinesischen Azubi, den die Annengarten Seniorenwohnanlage über das gleiche Verfahren zum 1. Mai 2022 eingestellt hat. „Er verfügt ebenfalls über Sprachkenntnisse auf B2-Level, hatte allerdings hier keinerlei Kontakte“, sagt Borgmann. „Deshalb benötigt er deutlich mehr Hilfe von uns: Wir haben ihn bei der Einreise vom Flughafen in Frankfurt abgeholt, für ihn aktiv eine Wohnung angemietet und vollständig möbliert.“ Um ihn auch bei der sozialen und kulturellen Integration zu unterstützen, hat Borgmann Kontakte zum Internat Schloss Buldern geknüpft. „Dort leben einige chinesische Internatsschüler, die ihm unter anderem Tipps zum Ankommen geben können“, erklärt Borgmann.

 

Gute Erfahrungen machen den Aufwand lohnenswert

 

Der Aufwand, um einen Azubi aus dem Ausland einzustellen, ist also hoch. Zudem besteht ein Risiko, ob die Chemie zwischen beiden Seiten wirklich stimmt und das Ausbildungsziel erreicht werden kann. „Dafür gibt es notfalls die Probezeit. Bei allen drei Einstellungsversuchen haben wir viele wertvolle Erfahrungen gesammelt – auch wenn bisher nur ein Auszubildender wirklich angekommen ist. Er kommt in der Schule gut mit und hat sich hier eingelebt. Es gibt keinen Unterschied zu anderen Azubis. Der Einsatz, der anfangs natürlich wirklich groß ist, lohnt sich. Das ist die Erfahrung, die wir bisher gemacht haben, und weshalb wir den Weg weitergehen werden“, so Borgmann.

 

Text: Sabrina Becker | Foto Annengarten Seniorenwohnanlage Buldern GmbH